Kreis-SPD gegen Atommüll-Endlager in der Grafschaft
Partei verabschiedet ambitioniertes Programm für den Landkreis
Auf ihrem Programm-Parteitag im Juli 2021 in Nordhorn hat die Kreis-SPD ein ambitioniertes Programm verabschiedet, mit Forderungen von Bildung, Tourismus, Soziales bis zur Wasserstoffstrategie. Etwa 50 Delegierte und Gäste diskutierten intensiv die sozialdemokratischen Ziele für die Wahlperiode ab November diesen Jahres bis 2026, unter dem Slogan „SPD Grafschaft-Bentheim – für ein soziales Klima in der Grafschaft“. Klimaschutz und Soziales bilden dabei Schwerpunktthemen.
Parteitag in Präsenz
Die SPD-Vorsitzende Silvia Pünt-Kohoff (Nordhorn) begrüßte die Anwesenden „endlich wieder in Präsenz“, unter Einhaltung der Abstandsregeln, im Hotel Rammelkamp. „Nach zwei Jahren der Corona-Krise gilt es nun, Schub nach vorne zu entwickeln.“ Das Programm sei ambitioniert und realistisch. Dabei sei mehr denn je klar: „Das Miteinander in der Grafschaft zählt. Und Zukunftsthemen denken wir regional und gehen sie an.“
Durch den Parteitag führten souverän die stellvertretenden Kreisvorsitzenden Matteo van Vliet (Uelsen) und Joshua Schomakers (Wietmarschen-Lohne).
Schwerpunkte im Wahlprogramm
Jugendlichen muss mehr Teilhabe ermöglicht werden, über Jugendparlamente und Jugendhearings. Bislang werden Jugendliche in der Grafschaft, so die Position der SPD, viel zu wenig eingebunden, ihre eigene Zukunft aktiv zu gestalten.
Der Campus Berufsschule muss mit Nachdruck entwickelt werden. „Der Landkreis lässt sich hier viel zu viel Zeit, man hört von keinerlei Entwicklung,“ kritisiertemPünt-Kohoff. Eine Kooperation mit den Hochschulen in der gesamten Grenzregion müsse endlich geprüft werden. „Der Campus zieht über eine Berufsakademie zum Beispiel im Bereich der Informationstechnik Auszubildende aus der Region und auch aus den Niederlanden an,“ ist die SPD überzeugt.
Die Grafschafter Kulturszene muss viel besser als bislang durch den Landkreis vernetzt und ausgebaut werden. Die Nachbarschaft zu den Niederlanden könne ein Merkmal werden. „Kultur für alle“ ist dabei Qualitätsmerkmal. Die Emsländische Landschaft muss endlich den Schwerpunkt auf die Grafschaft entwickeln als „Ems-Vechte-Landschaft“, so der Vorschlag der SPD.
Eine breite Debatte nahm die Klimagerechtigkeit ein. Hier sieht die SPD klare Chancen für die Grafschaft. Klimaneutralität bis 2040 wird gefordert, hier positionierten sich vor allem die Jusos deutlich. Dazu soll beispielsweise die Windenergie ausgebaut werden, sei es durch Repowering, sei es durch Ausbau auf geeigneten Flächen. Die Bürgerfreundlichkeit muss beachtet werden, ist man sich einig. Durch „grünen“ Strom lasse sich der Wasserstoff gewinnen, mit dem Züge und Busse in der Grafschaft rollen. Für eine „Wasserstoffstrategie“ des Landkreises bringen die Sozialdemokraten konkrete Forderungen ein.
Ein „Grafschafter Bündnis“ unter Regie des Landkreises führe die Akteure aus Landwirtschaft und Naturschutz zusammen, so die Idee der SPD. Den im niedersächsischen Weg geforderten Dialog hat die SPD in vier Dialogveranstaltungen bereits begonnen: Mit Landvolk, NABU und Imkern, Landwirten und Wasser- und Abwasser-Zweckverband Niedergrafschaft wurden in den letzten Wochen konkrete Umsetzungsideen diskutiert. Zum Wasserschutz und Naturschutz fordert die SPD geeignete Maßnahmen im Bereich Düngen, Blühstreifen und Aufforstungen. Die Landwirte seien angemessen zu entschädigen.
Atommüll-Endlager
Die Kreis-SPD spricht sich deutlich gegen ein Atommüll-Endlager in der Grafschaft aus. Die wissenschaftlich solide Vorgehensweise bei der Endlager-Suche wird ausdrücklich gewürdigt. Die geologischen Bedingungen scheinen hier, so im Fachvortrag durch den Geologen Dr. Klug in der Informationsveranstaltung des Landkreises in der vergangenen Woche dargestellt, ungünstig. Sollte aber eine Fläche in die engere Wahl kommen, muss die Belastung durch über 70 Jahre Bombenabwurf- und Schießplatz Nordhorn Range Beachtung finden, fordern die Sozialdemokraten. Die Entwicklungsmöglichkeiten der Grafschafter Städte und Gemeinden würden erneut beeinträchtigt werden, wenn über 40 bis 50 Jahre der hochradioaktive Atommüll aus ganz Deutschland eingebracht würde. „Ein Atommüll-Endlager gehört nicht in die Grafschaft! Wir werden uns intensiv an der Debatte beteiligen“, verspricht die SPD.
Tourismus und Kreistagsbilanz
Die Lage der Grafschaft in der Nachbarschaft zu den Niederlanden bietet noch weit mehr Chancen für Tourismus, Arbeitsmarkt und Vorsorge, als zurzeit genutzt. Hier sieht die SPD einen Standortvorteil, „deswegen erhalten Projekte der gemeinsamen Infrastruktur im Verkehr, bei Projekten in der Kultur höchste Priorität.“ Die Nachbarsprache Niederländisch in den Schulen kann gefördert werden. Die kontinuierliche Zusammenarbeit in Rettungsdienst und Krankenhäusern muss gefördert, eine Zusammenarbeit der Gesundheitsdienste neu etabliert werden.
Eine Grafschaft-App wird gefordert: Angebote in Tourismus und Nahverkehr, Marketing und gerne auch von privaten Anbietern werden Gästen wie Grafschaftern übersichtlich dargestellt, können gebucht und bezahlt werden.
Und: Die SPD fordert ein Sozialticket für den öffentlichen Nahverkehr. Damit sich alle den Bus oder Zug zum Arztbesuch leisten können! Dort, wo die Ärzteversorgung auf Sicht gefährdet ist, will die SPD medizinische Versorgungszentren initiieren.
Für die Leistungsbilanz der letzten fünf Jahre sprach Gerd Will (Nordhorn), Kreisfraktionsvorsitzender der SPD im Kreistag. „Die SPD ist Motor der positiven Entwicklung, gleichzeitig geht es um den Ausgleich im Landkreis. Keine Kommune soll abgehängt werden.“ Die großen Erfolge: „Der Schienenverkehr bis Neuenhaus – nun bis Coevorden. Und in Planung bereits die Anbindung über Gildehaus nach Gronau.“ Mit Nachdruck verfolge die SPD bereits die Sanierung der Bahnhöfe in Schüttorf und Gildehaus, in Hoogstede, Emlichheim und Laar. Als Erfolg verbucht die SPD auch die Investitionen in die Ladesäuleninfrastruktur, die Nordumgehung Nordhorn, Investitionen in Radwege, die Investition von 20 Mill. € in das Glasfasernetz in Schüttorf, Nordhorn und Niedergrafschaft sowie den Ausbau der stationären ärztlichen Versorgung in der Euregioklinik und den Aufbau des Impfzentrums. Will kritisierte, dass der Landkreis Bildung nicht vorausschauend plane und „eine Gesamtschule im Angebot fehlt“! Die Gebührenrechnung in der Abfallwirtschaft ist nicht verursachergerecht, so Will.
Die zwei Stellen Schulsozialarbeit an den Grafschafter Gymnasien ab 1.08.2021 sind dem Einsatz der SPD-Politik zu verdanken, betonte Will. Heftig kritisiert wurde, dass die CDU/FDP-Mehrheitsgruppe eine Zwischenfinanzierung blockiert hatte. Überfällig seien außerdem der lange geforderte Bau eines Seminarhauses für die Volkshochschule sowie die Einrichtung eines Ausbildungsgangs Pflege an der öffentlichen Berufsschule. „Eine Händedruck reicht nicht!“ mahnte Will eine Verbesserung der Situation der Pflege an. In den letzten fünf Jahren habe die Kreistagsmehrheit eine positive Entwicklung bei den Themen Folgen des Klimaschutzes, Düngerintensität und Massentierhaltung verhindert.
Die Kandidatinnen und Kandidaten für die Kreistagswahl am 12. September wurden bereits am 13. März nominiert. Die fünf Wahllisten führen an: Dr. Volker Pannen (Bad Bentheim), Gerd Will (Nordhorn), Silvia Pünt-Kohoff (Nordhorn), Alfred Weiden (Neuenhaus) und Heinrich Strenge (Emlichheim).